„Engagierst du dich digital?“ „Äh… was?“
Schon mal von digitalem Engagement gehört? Ja? Und hat dir schon mal jemand gesagt, er engagiert sich digital? Nein? Vielleicht, weil der Begriff außer unter Leuten aus dem „Engagement-Milieu“ nicht so geläufig ist.
Darum geht es in diesem Artikel
Daher wird es in diesem Artikel darum gehen, was digitales Engagement, auch als Online-Volunteering bezeichnet, eigentlich ist. Einige Beispiele aus der Praxis zeigen die enorme Bandbreite digitalen Engagements. Am Ende findest du noch einige Linktipps – sowohl zu digitalen Engagementmöglichkeiten als auch Informationen, Studien etc. zu digitalem Engagement selbst.
Digitales Engagement
Damit es sich bei einer Tätigkeit um bürgerschaftliches Engagement handelt, sind der Enquete-Kommission „Zukunft für Bürgerschaftliches Engagement“ zufolge 5 Merkmale ausschlaggebend: Die Aktivität muss freiwillig geschehen und nicht auf materiellen Gewinn ausgerichtet sein. Sie muss einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten und sich dabei nicht nur an geschlossene Kreise der Gesellschaft, etwa der Familie, richten. Außerdem ist Gemeinschaftlichkeit charakteristisch für Engagement: Einerseits findet es in einem gemeinschaftlichen Rahmen statt, andererseits für die Gemeinschaft.
Für das Kompetenzzentrum Öffentliche IT ist ein Engagement dann digital, wenn digitale Geräte für die Engagementtätigkeit, für die Akquise oder für die Vermittlung von Engagement eine entscheidende Rolle einnehmen. Diese Definition deckt eine große Bandbreite an Aktivitäten ab: Von der Darstellung der Engagementmöglichkeiten auf der Vereinswebsite bis hin zur Bürgerbeteiligung über das Netz.
Bereiche digitalen Engagements
Das Kompetenzzentrum teilt digitales Engagement in vier Bereiche. Zur digitalen Unterstützung bürgerschaftlichen Engagements zählen die drei Bereiche Information, Vernetzung sowie Vermittlung & Assistenz. Als vierter Bereich gilt das digitale Engagement selbst, das als „Mitarbeit“ bezeichnet wird. Im Bereich Information werden Informationen zum bürgerschaftlichen Engagement und den Organisationen geteilt, etwa über Newsletter, Websites oder Social-Media-Kanäle. Die Vernetzung beinhaltet, dass Engagierte und Organisationen sich über verschiedene Plattformen austauschen. Der Bereich Vermittlung & Assistenz umfasst die Vermittlung und Akquise von Ressourcen und Engagement. Hierzu zählen etwa Engagement-Datenbanken oder Fundraising-Plattformen.
In den Bereich der Mitarbeit fällt eine Vielzahl an Tätigkeiten, die in fünf Kategorien eingeteilt wird. Eine Kategorie ist die Erstellung und Verbesserung von Inhalten. Wheelmap.org ist ein Beispiel hierfür: Orte, die mit dem Rollstuhl barrierefrei erreichbar sind, werden auf einer Online-Karte eingetragen. Eine weitere Kategorie der Mitarbeit umfasst Kommunikation, Lehre und Beratung, etwa Online-Beratungsangebote. Open-Source-Programme zählen zu der Kategorie Entwicklung technischer Lösungen. Außerdem fasst das Kompetenzzentrum Crowdfunding und Bürgerbeteiligung, etwa über Plattformen wie change.org, als Kategorien des digitalen bürgerschaftlichen Engagements.
Das heißt, diese Definition digitalen Engagements erfasst viele verschiedene Bereiche. Für den Bereich Vernetzung ist mir die Definition etwas zu eng, besonders, weil die Definition in den anderen Bereichen recht weit ist. Hier beschränkt sich das Kompetenzzentrum auf die Vernetzung zwischen Engagierten und Organisationen. Ich denke, da steckt noch viel mehr dahinter. Viele Online-Aktivisten agieren nicht nur im Rahmen von Organisationen und mit Organisationen, sondern auch unter sich.
Aktiv werden
Du möchtest aktiv werden? Kein Problem, einige ganz unterschiedliche Projekte warten auf deinen Einsatz. Neben dem schon angesprochenen wheelmap.org z. B. ein Projekt, was jeder kennt: Wikipedia. Auch dies ist eine Form digitalen Engagements, wenn man von den Wikipedianern absieht, die dort ihre Firmeneinträge überarbeiten. Du kannst auch mit Fotos, z. B. von Denkmälern zu Wikipedia beitragen.
Wenn du unter 25 bist, kannst du als Peerberater über E‑Mail Gleichaltrige unterstützen, die sich in einer Krise befinden. Dafür besuchst du zunächst – ganz analog – eine Ausbildung zur Krisenberatung statt. Wenn du über 25 bist, (oder einfach so nach einer anderen Möglichkeit suchst) sind JugendNotmail und die Hoffnungswiese vielleicht etwas für dich: Auch sie suchen ehrenamtliche Online-Berater. Für ein Engagement in der Online-Beratung des Weißen Rings musst du im Umkreis von 70km um Mainz wohnen, da Supervisionen und Mitarbeitertreffen monatlich stattfinden. Dies ist bei diesen Themen natürlich auch sehr sinnvoll.
Politisch aktiv werden kannst du über die Unterzeichnung oder Einreichung Petitionen, etwa die Petitionen des Deutschen Bundestags, über, wie bereits erwähnt, die Plattform change.org oder kommunale Bürgerbeteiligungsportale wie in Bonn oder im Landkreis Friesland.
Die Initiative Code for Germany entwickelt Apps und Visualisierungen, die open data von Verwaltungen & Behörden aufbereitet. Mitmachen kann man als Programmierer, Designer, aber auch Leute für die Öffentlichkeitsarbeit werden gesucht.
Die Plattform UN Online Volunteers listet Organisationen, die für bestimmte Projekte Engagierte suchen. Die Organisationen suchen u. a. Menschen, die designen, Projekte managen oder Texte übersetzen. Selten sind Angebote aus Deutschland dabei, die meisten Organisationen sitzen außerhalb Europas.
Eine weitere Möglichkeit ist eine Pro-Bono-Unterstützung von Non-Profit-Organisationen. Pro-Bono bedeutet, dass du deine beruflichen Kompetenzen kostenlos für eine Non-Profit-Organisation einsetzt. Auch hier kann es sich um digitales Engagement handeln, etwa wenn die Website der Organisation relauncht wird. Der Verein youvo bietet eine Plattform, auf der Organisationen und Kreative zueinander finden können.
Ein Beispiel ist außerdem das Projekt Nachtschicht in Berlin. Im kreativen Bereich Tätige können an einer Nachtschicht teilnehmen, in der in Teams in 8h ehrenamtlich für eine Non-Profit-Organisation gearbeitet wird.
Du kennst weitere Möglichkeiten, sich digital zu engagieren? Ich freue mich über ein Kommentar! Auch weitere Linktipps sind gerne gesehen.
Linktipps
Chancen der Digitalisierung für Engagement entdecken
Diese Arbeitshilfe der Friedrich-Ebert-Stiftung und der MUP führt auf vier Seiten in das Thema Digitales Engagement ein. Kurz, knapp, übersichtlich.
Eine Handreichung, die über digitales Engagement in der Online-Beratung informiert. Thema sind z.B. die Motivation der Freiwilligen, Grundsätzliches zur ehrenamtlichen Arbeit und der Gewinnung Ehrenamtlicher, eine schriftliche Vereinbarung zwischen Ehrenamtlichen und Organisation, Schulungen, Besonderheiten des digitalen Engagements, Anerkennung & Qualitätssicherung. Anhänge helfen bei der konkreten Ausgestaltung des digitalen Engagements.
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Engagement-Blogger Hannes Jähnert beschäftigt sich seit Jahren mit Online Volunteering bzw. Digitalem Engagement. Hier analysiert er die Daten des Freiwilligensurveys 2014 auf den Zeitaufwand von Online-Freiwilligen und Onsite-Freiwilligen (also den „herkömmlichen“ Ehrenamtlichen).
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