Inhalt
In meiner Artikelserie Engagierte finden stelle ich Ideen vor, wie ihr neue Leute findet, die bei euch mitarbeiten. Dieser Artikel dreht sich um kurzfristiges Engagement in Vereinen, Initiativen, Stiftungen und anderen gemeinnützigen Organisationen.
Überblick über die Artikelserie
- Engagierte finden – Rollenprofile nutzen
- Engagierte finden – Die eigene Website
- Engagierte finden – Werbung machen
- Engagierte finden – Kurzzeit-Engagement für eure Organisation planen
- Engagierte finden – Kurzzeit-Engagement anbieten: Tipps
- Engagierte finden – Werbung machen für das Kurzzeit-Engagement
- Website für potenzielle Ehrenamtliche nutzen: 11 inspirierende Beispiele
- Engagierte finden – Engagement zugänglicher machen
Kurzzeit- statt langfristiges Engagement
Bietet ihr bereits die Möglichkeit, dass Menschen sich nur kurze Zeit engagieren? Wenn nicht, habt ihr schon einmal darüber nachgedacht?
Individuelle Gründe gegen langfristiges Engagement
Nicht jede und jeder hat einen Job mit festen Arbeitszeiten. Ob im Schichtdienst, durch viele Überstunden oder als Selbstständiger: Manche Menschen arbeiten häufig unterschiedlich viele Stunden. Dazu übernehmen viele Menschen andere Rollen und Aufgaben: Sie werden Eltern, pflegen Familienangehörige oder unterstützen Nachbarn, engagieren sich bereits in einem anderen Ehrenamt, etwa im Schulverein, sind politisch aktiv oder kümmern sich um Haustiere. Sie wechseln den Wohnort, gehen kurze Zeit ins Ausland, machen ein Praktikum in einer anderen Stadt oder brauchen einfach mal eine Pause zwischendurch. Sie wissen noch gar nicht, wo sie in einigen Monaten leben und was sie dort tun werden. Sie möchten etwas Gutes tun, aber ihre Gesundheit lässt es nicht zu, dass sie Verantwortung übernehmen.
Also: Gründe, warum sich Menschen nicht langfristig binden können oder möchten gibt es viele und sie sind ganz unterschiedlich und individuell.
Durch kurzfristiges Engagement bietet ihr ihnen die Möglichkeit, ein klar abgegrenztes Projekt mitzugestalten, was ein definiertes Ende hat. Wenn die Menschen danach weiter Lust haben, mitzuwirken, können sie bei eurer “normalen Arbeit” einsteigen. Sonst können sie aber auch ohne eine große Erklärung und ohne schlechtes Gewissen aufhören – Denn ihr Einsatz und damit auch das Ende des Einsatzes war von vornerein nur auf kurze Zeit angelegt.
Ihr habt was zu bieten
Ihr habt einen Vorteil in der Hand, wenn ihr kurzfristiges Engagement anbietet:
Es ist nicht so einfach, ein kurzfristiges Engagement zu finden, selbst wenn man danach sucht. Ausnahmen sind Engagement-Plattformen wie youvo.org und vostel.de. Aber wer sich nicht digital (wie bei youvo.org) engagieren will und nicht in einer vostel-Stadt wohnt, hat es schwerer. Etwas in der eigenen Stadt oder im Landkreis zu finden, ist auf anderen Plattformen selten. Außerdem sind die Plattformen leider noch nicht überall bekannt.
Unbekannt ist oft auch die Möglichkeit, sich überhaupt nur für kurze Zeit und flexibel zu engagieren. Dabei bieten es viele Organisationen schon an.
Ihr habt schon eine Community vor Ort, die sich für eure Arbeit interessiert, und diese über eure Kanäle verfolgt. Egal ob das die Pinnwand und der Flyerständer in eurem Mehrgenerationenhaus, der Instagram-Kanal oder der E‑Mail-Newsletter ist. Indem ihr kurzfristiges Engagement anbietet, erreicht ihr eine zusätzliche Zielgruppe in eurer Community, die sich nicht binden kann oder will (und noch gar nicht wusste, dass sie sich engagieren will). Oder erstmal ins Engagement hineinschnuppern möchte.
Wie kann kurzfristiges Engagement aussehen?
Der Verein um die Ecke kooperiert für einige Monate mit einer Schule. In einem Schulprojekt können sich Schüler für Tierschutz engagieren und ihre Talente und Interessen einbringen. Der Hobby-Designer erstellt für die Initiative für Vielfalt im Stadtteil einen schicken Flyer und ein Plakat und hat sich vorher gar nicht für die Initiative engagiert. Die soziale Einrichtung veranstaltet regelmäßig sonntags Sortieraktionen, bei der die Sachspenden durch unterschiedliche Gruppen sortiert werden. Jedes Mal kommen andere Menschen, einige sind immer wieder dabei und freuen sich, sich wiederzutreffen und gleichzeitig neue Leute kennenzulernen.
Du siehst: Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten des kurzzeitigen Engagements. Die verschiedenen Arten brauchen unterschiedlich viele Ressourcen der Organisation. Welche Arten kurzzeitigen Engagements gibt es also?
Arten kurzzeitigen Engagements
- Projekte mit festgelegter Dauer von einigen Monaten, z. B. als Service Learning, oder etwa im Rahmen einer Veranstaltungsreihe. Zum Beispiel führt ihr eine Reihe an Workshops oder einer Themen- und Aktionsmonat durch.
- Produkte erstellen, z. B. einen Imagefilm, eine Broschüre oder andere kreative Leistungen, oder etwa die Konzeption eines Lernspiels, der Bau eines Lehmofens. Dieses Engagement kann von einer Person (z. B. Broschüre erstellen), in einer Gruppe als Aktionstag oder Aktionswoche oder durch verschiedene Einzelleistungen durchgeführt werden.
- Service- / Beratungsleistung, durch Menschen, die sich gut auskennen, oder sogar in dem Feld beruflich tätig sind, als Pro-Bono-Leistung, z. B. Rechtsanwälte oder Marketing-Fachleute
- Aktionstage, z. B. Aktionstag Renovierung oder „Nachtschicht“. Entweder engagieren sich Menschen mit bestimmten Kompetenzen, wie zum Beispiel Kreative bei der Nachtschicht Hamburg. Oder es engagieren sich Gruppen, die einfache Aufgaben übernehmen, durch Fachkräfte angeleitet werden oder unter denen sich auch einzelne Personen mit den benötigten Kompetenzen finden.
- Wiederkehrende Einsätze, z. B. Sortieraktionen, Essensausgabe, Aufräumen nach Café-Tag, die von verschiedenen Menschen ohne Qualitätsverlust gemacht werden können, da kaum Einarbeitungszeit benötigt wird.
- Mithilfe bei Veranstaltungen: Für einzelne Veranstaltungen werden Helfer gesucht, zum Beispiel für den Einlass, die Kinderstationen oder als Wegweiser.
Zusammengefasst sehe ich drei grundlegende Arten kurzzeitigen Engagements:
Einfache, wiederkehrende Aufgaben, wechselnde Engagierte
Grundsätzlich gibt es somit einmal die Möglichkeit, dass immer wieder andere Ehrenamtliche gemeinsam Aufgaben übernehmen, für die sie wenig Kenntnisse benötigen. Dadurch ist die Einarbeitungszeit minimal und die Aufgaben können schnell von jemandem anders übernommen werden. Beispiele sind die Essensausgabe oder Sortieraktionen, die regelmäßig stattfinden.
Aktionstage & Veranstaltungen
Gruppen oder Einzelpersonen helfen bei Aktionstagen und Veranstaltungen. Dabei können bestimmte Kenntnisse vorausgesetzt werden. Es kann sich auch um Aufgaben handeln, für die keine Vorkenntnisse benötigt werden.
Einzelpersonen oder Gruppen, fester Projektzeitraum
Die dritte Möglichkeit ist, dass euch Menschen mit ihren Kenntnissen für einen begrenzten Zeitraum unterstützen. Dabei kann es sich um eine Schulkooperation handeln: Schüler engagieren sich im Rahmen eines Projekts für ein Schulhalbjahr in eurer Organisation. Oder eine Leistung bzw. das Erstellen eines Produkts: Jemand mit Designkenntnissen erstellt euch den Flyer für die nächste Veranstaltung.
Kurzzeit-Engagement planen
Zunächst einmal müsst ihr im Verein klären, ob kurzfristiges Engagement bei euch grundsätzlich möglich ist und ihr euch die Zusammenarbeit mit kurzfristig Engagierten vorstellen könnt.
Welche Aufgaben fallen bei euch an?
Gibt es Aufgaben, die auch nur einmal oder wenige Male übernommen werden können? Wenn ihr etwa Patenschaftsprogramme anbietet, sind die Patenschaften zum Beispiel weniger geeignet für kurzfristiges Engagement. Gibt es noch eine andere Möglichkeit, euch zu unterstützen? Zum Beispiel die Veranstaltungen des Patenschaftsprogramms: Ihr sucht nach Leuten, die dort kleine Workshops anbieten, bei größeren Veranstaltungen beim Catering, Aufbau etc. mithelfen. Oder auch nur eine Person, die einen Film über euer Programm dreht. Oder euch zur Entwicklung eurer Organisation berät: Wie könnt ihr wachsen? Wie könnt ihr die Qualität eures Programms verbessern?
Orientiert euch bei den Aufgaben an den unterschiedlichen Arten kurzfristigen Engagements: welche von diesen Arten könnt ihr anbieten, was macht für euch Sinn? Denkt daran, dass ihr Ressourcen einsetzt, um Kurzzeit-Engagierte zu finden. Das heißt, dass sich dieser Ressourceneinsatz auch lohnen sollte. Wieviel Arbeit ihr investiert, kommt auf die Art des kurzfristigen Einsatzes an und auf euer Projekt.
Benötigen die Engagierten für alle Aufgaben viel Einarbeitungszeit? Dann ist kurzfristiges Engagement vielleicht nicht das Richtige für eure Organisation. Außerdem sollte euer Team einigermaßen stabil sein bzw. einige Leute fest dabei und zuverlässig sein, damit ihr einen festen Ansprechpartner für Kurzzeit-Engagierte habt.
Wie kann kurzfristiges Engagement bei euch aussehen?
Über was solltet ihr euch also Gedanken machen?
- Welche Arten von Kurzzeit-Engagement können wir anbieten?
- Haben wir einfache Aufgaben, die Gruppen ohne Vorkenntnisse an einzelnen Tagen erledigen können?
- Gibt es Produkte, die einzelne Personen mit spezifischen Kenntnissen herstellen können?
- Benötigen wir Beratung oder Unterstützung durch Menschen mit bestimmten Kenntnissen? Zum Beispiel ein Workshop-Konzept gemeinsam mit Ehrenamtlichen entwickeln oder eine Beratung für unsere Website
- Haben wir genug Ressourcen, um die Kurzzeit-Engagierten zu begleiten? Bedenkt, dass unterschiedliche Arten von Kurzzeit-Engagement unterschiedlich viele Ressourcen benötigen. Eine Schulkooperation aufzubauen und die Schüler zu begleiten braucht sehr viele Ressourcen. Einen einmaligen Aktionstag zu veranstalten, braucht weit weniger Ressourcen. Die Werbung ist für einen einmaligen Aktionstag jedoch besonders wichtig, denn bisher wissen die Menschen nicht, dass ihr solche Aktionstage durchführt.
- Haben wir jemanden, der als zuverlässiger Ansprechpartner zur Verfügung steht? (Und möglichst eine zuverlässige Vertretung?)
- Wie kommen wir zu Entscheidungen, wenn es um Produkte wie Flyer oder einen Image-Film geht? Wer trifft die Entscheidungen? Wie stellen wir sicher, dass die Kurzzeit-Engagierten schnell mit einer Rückmeldung zu Entwürfen von uns rechnen können?
- Wie motivieren wir die Engagierten? Wie zeigen wir, was sie geleistet haben? Wie danken wir ihnen? Wer kümmert sich um Zertifikate oder Teilnehmerbestätigungen? Wie zeigen wir auch bei einfachen Aufgaben, wie die zu unserer Mission, zu unseren Zielen beitragen?
Risiken und Chancen von Kurzzeit-Engagement
Um Kurzzeit-Engagement zu planen, eignet sich eine SWOT-Analyse. Das klingt kompliziert und nach viel Arbeit, aber diese Analyse könnt ihr auch schnell in eine Teamsitzung integrieren.
Warum eine SWOT-Analyse machen?
Sie gibt euch die nötige Struktur, umfestzustellen, ob Kurzzeit-Engagement für euch machbar ist und mit welchen Herausforderungen ihr rechnet.
Ihr stellt fest, ob Kurzzeit-Engagement für eure Organisation das Richtige ist und was ihr machen könnt, wenn etwas nicht optimal läuft. Da ihr im Vornerein mögliche Probleme identifiziert, könnt ihr gleich grobe Schritte festlegen, wie ihr zur Problemlösung vorgeht. Tritt dann ein Problem auf, steht ihr nicht vor Ratlosigkeit, sondern habt schon einen groben Plan, wie ihr das Problem löst.
Die Beziehung ist, finde ich, bei Kurzzeit-Engagierten genauso wichtig wie bei Langzeit-Engagierten: Kommunikationsprobleme oder Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit wirken sich direkt auf die Motivation aus, sich bei euch, oder überhaupt, zu engagieren. Bei euren langfristigen Mitarbeitern federt die hohe Bindung zu eurer Organisation manche Probleme ab. Die hören nicht so schnell auf, sondern machen erstmal weiter. Wenn es dann nach einiger Zeit wieder besser läuft, sind sie immer noch dabei und wieder motivierter. Bei Kurzzeit-Engagierten wird der Frust dagegen eher nicht durch die Bindung zur Organisation abgefedert. So habe ich es erlebt, aber Menschen und Situationen sind natürlich unterschiedlich und damit auch Erfahrungen :).
SWOT-Analyse durchführen
Zurück zur SWOT-Analyse. Was ist das eigentlich?
SWOT steht für Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Risiken).
So geht ihr vor:
Zeichnet ein Kreuz auf ein Blatt Papier. Schreibt „Stärken“, „Schwächen“, „Chancen“ und „Risiken“ in die verschiedenen Ecken. Überlegt im Team:
- Welche Vorteile/ Stärken (Strengthes) habt ihr, wenn ihr Kurzzeit-Engagement anbietet? Was ist bereits möglich? Welche Gruppen, die mit eurer Organisation zu tun haben, könnt ihr für ein Kurzzeit-Engagement aktivieren?
- Welche Nachteile / Schwächen (Weaknesses) habt ihr als Organisation? Gibt es lange Entscheidungswege, könnt ihr Engagierten bestimmte Ressourcen nicht bereitstellen, die sie für die Arbeit benötigen? Seid ihr noch relativ unbekannt in eurem Ort? Können die Aktionstage nur unter der Woche stattfinden, wenn etwa Berufstätige keine Zeit haben?
- Was sind die Chancen (Opportunities) für eure Organisation? Was erhofft ihr euch vom Kurzzeit-Engagement? Welche Probleme kann Kurzzeit-Engagement bei euch lösen? Könnt ihr bekannter werden, mehr Menschen in eure Arbeit einbinden und so zeigen, was ihr tolles macht? Wie könnt ihr, wie können die Kurzzeit-Engagierten von eurer Zusammenarbeit profitieren?
- Was sind die Risiken (Threats) für eure Organisation? Welche Probleme können auftreten: In der Zusammenarbeit mit Kurzzeit-Engagierten, mit Klienten, mit anderen Ehrenamtlichen? Was, wenn ihr nicht genügend Menschen findet, wer kann diese Aufgaben übernehmen? Was ist, wenn der Ansprechpartner ausfällt? Was macht ihr, wenn die Engagierten nicht so motiviert sind? In welchen Fällen könnt ihr die Ergebnisse vom Kurzzeit-Engagement nicht nutzen? Was, wenn es ein Problem zwischen den Kurzzeit-Engagierten gibt? Die Begleitung von Engagierten ist besonders wichtig, wenn ihr etwa mit Schülergruppen arbeitet. Welche Risiken gibt es, wenn ihr mit ihnen zusammenarbeitet?
Was euch einfällt, tragt ihr auf dem Papier in die entsprechenden Ecken ein. Besonders die Risiken solltet ihr euch noch einmal ansehen: Welche Risiken sind besonders wichtig, wo ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Risiko eintritt? Für diese Risiken könnt ihr euch jeweils einen ersten Schritt-für-Schritt-Plan überlegen, wie ihr im jeweiligen Fall vorgeht. Dann habt ihr für die Praxis gleich einen Plan, wie ihr mit Risiken umgeht. Hilfreich ist, wenn klar ist, wer für welche Schritte zuständig ist. Zum Beispiel: “Wenn wir nicht genügend Leute für dieses Event finden, dann kümmert sich Wiebke darum, gezielt Menschen aus dem Umfeld unseres Vereins zu fragen.”
Wie geht es weiter?
In den nächsten Artikeln der Artikelserie Engagierte finden schreibe ich weiter über Kurzzeit-Engagement. Die nächsten Male wird es sich um Werbung für Kurzzeit-Engagement und Tipps für die Zusammenarbeit mit Kurzzeit-Engagierten drehen.
Bis dahin: Viel Spaß beim Planen eures Kurzzeit-Engagements. Oder habt ihr entschieden, dass Kurzzeit-Engagement nicht das Richtige für eure Organisation ist? Ich freue mich über Kommentare mit euren Erfahrungen und Tipps.
Danke für deine Überlegungen und Abwägungen zum Thema Kurzzeit-Engagement, das immer mehr Thema wird!