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Kann ich mir leider nicht leisten…“ Finan­zierung eines Schüleraustausches

Dieser Artikel aus meiner Arti­kel­serie Raus aus der Komfortzone dreht sich um die Finan­zierung eines Schü­ler­aus­tau­sches. Ich berichte hier meine eigenen Erfah­rungen, möchte Mut machen, nach Finan­zie­rungs­mög­lich­keiten zu suchen und offen und flexibel zu bleiben. Außerdem findest du hier Link­tipps zu Stipendien und anderen Finanzierungsmöglichkeiten.

Eigene Erfah­rungen

Erst wollte ich nach Südamerika. Dann nach Skan­di­navien. Und dann habe ich mir die Programm­preise ange­sehen. Meine Mutter hat mir geraten, dass ich erst nach der Schule ins Ausland gehen soll. Nachdem ich mich über Schü­ler­aus­tausch allgemein und verschiedene Länder infor­miert hatte, wollte ich unbe­dingt selbst im Ausland in einer Gast­fa­milie leben, zur Schule gehen, eine zweite Heimat finden. Das schien mir so verlo­ckend, dass ich in den nächsten Wochen und Monaten viel Zeit mit der Recherche nach Finan­zie­rungs­mög­lich­keiten verbrachte.

In den folgenden Jahren habe ich mir zu Weih­nachten und zum Geburtstag Geld gewünscht, Nach­hil­fe­un­ter­richt gegeben und mein Konfir­ma­ti­onsgeld für den Schü­ler­aus­tausch gespart. Da kommt natürlich nicht genug zusammen, um einen Schü­ler­aus­tausch in Brasilien zu bezahlen, der etwa 8000 kostet. Ich habe mich infor­miert und verschiedene Stipendien gefunden. Die meisten waren nicht hoch genug, um zusammen mit meinem Ersparten für meinen Traum zu reichen.

Vor meinem Schü­ler­aus­tausch war ich eher schüchtern. Das war auch ein Nachteil bei meinen Bewerbungsgesprächen/ Auswahlseminaren.

Nach meinem ersten Bewer­bungs­ge­spräch hatte ich ein schlechtes Gefühl. Beim zweiten war ich umso nervöser. Während des Seminars kam die hohe Konkurrenz auf die Plätze des Parla­men­ta­ri­schen Paten­schafts­pro­gramms, von der ich vorher schon gelesen hatte, dazu. Am Semi­nartag kam der Anruf meiner Mutter: Die Absage vom ersten Bewer­bungs­ge­spräch, und damit die Absage zum Voll­sti­pendium. Damit stand mein Traum auf der Kippe.

Spontan habe ich mich beim Auswahl­se­minar noch auf das normale Programm der Austausch­or­ga­ni­sation beworben. Der Inter­net­seite hatte ich entnommen, dass die höchsten Förder­bei­träge für die osteu­ro­päi­schen Länder bei 2000€ lagen. Damit blieb ein Programm­preis von fast 3000€. Die anderen Länder kamen aufgrund der höheren Programm­preise und anteilig gerin­geren Stipendien nicht infrage. Aus diesem Grund hatte ich mich anfangs nicht auf das normale Programm beworben.

Ich setzte also große Hoffnung darauf, dass ich es irgendwie schaffen würde. Dass mein Stipendium in diesem Jahr viel­leicht höher ausfallen würde als die der letzten Jahre.

Die Auswahl­se­minare waren im November und Dezember. Im Februar finden die Vorbe­rei­tungs­se­minare an. Ich ging hin, mit der Unsi­cherheit, dass es am Ende viel­leicht nicht klappt. Bemühte mich, die Vorfreude noch nicht zu groß werden zu lassen, um einer großen Enttäu­schung zu entgehen. Im April sollten die Stipen­di­en­zu­sagen verschickt werden. Ich fieberte darauf hin. Jeden Tag der gespannte Blick zum Brief­kasten. Im Mai war immer noch keine Zu- oder Absage da. Ich schrieb der Orga­ni­sation eine E‑Mail. Abends schaute ich zufällig noch in mein Postfach. Und konnte meinen Augen nicht glauben: Ich hatte eine Stipen­di­en­zusage. Und las die E‑Mail dreimal. Denn dort stand eine sehr geringe Selbst­be­tei­ligung, was ein viel höheres Stipendium als in den letzten Jahren bedeutet hätte. War das wirklich der selbst zu zahlende Anteil? Oder nur die Stipen­di­enhöhe, die nicht gereicht hätte?

Nach mehr­ma­ligen E‑Mail Lesen bin ich durchs Haus gerannt und habe meiner ganzen Familie davon erzählt. Bin vor Freude durch die Luft gesprungen. Nach der langen Warterei hatte es geklappt.

Warum ich hier meine Geschichte so lang erzähle? Weil ich, wenn ich von meinem Austauschjahr erzähle, oft „Das konnten mir meine Eltern nicht bezahlen“ gehört habe. Meine auch nicht. Ich habe es selbst finan­ziert. Aber wenn man selbst genügend Offenheit für verschiedene Länder mitbringt, auch wenn sie auf den ersten Blick viel­leicht nicht das Wunschziel sind, ist man dem Traum schon ein ganzes Stück näher. Daran wäre es wohl bei den meisten auch gescheitert. Lieber gar nicht weg, als nach Osteuropa, so hatte ich meistens den Eindruck. Das finde ich schade. Jedes Land ist auf seine eigene Art inter­essant. Wenn man sich mit dem Land beschäftigt hat, und Erfah­rungs­be­richte anderer gelesen hat, steht man dem Land viel­leicht schon viel offener gegenüber.

Warum viel­leicht auch andere Länder inter­essant sein könnten, die du bisher noch nicht in Betracht gezogen hast, erfährst du hier.

Damit mich keiner falsch versteht: Ich habe nichts dagegen, wenn es jemanden unbe­dingt in englisch­spra­chige, eher „tradi­tio­nelle“ Ziel­länder des Schü­ler­aus­tau­sches zieht. Schade finde ich, nur wenn jemand sich einen Schü­ler­aus­tausch in der USA nicht leisten kann und andere Möglich­keiten nicht in Betracht zieht oder nicht kennt. Und am Ende keine Schulzeit im Ausland verbringt.

Finan­zie­rungs­mög­lich­keiten

Du hast jetzt genug von meinen Erfah­rungen gehört, willst etwas hilf­reiches hören, was dich für die Suche nach Finan­zie­rungs­mög­lich­keiten weiterbringt?

Mein erster Linktipp: http://www.schueleraustausch-stipendien.de/.

Ich weiß nicht, wie aktuell die Stipen­di­en­tipps im Forum immer sind. Als Start­punkt für die Recherche sind sie auf jeden Fall geeignet. Klickt euch durch die Stipendien und sucht die Orga­ni­sa­tionen. Dort findest du viel­leicht weitere Tipps zu Stipendien oder Finanzierungsmöglichkeiten.

Außerdem kannst du das Portal rausvonzuhaus.de als Start­punkt für die Recherche nutzen. Hier findest du einige Stipendien und andere Finanzierungsmöglichkeiten.

Einige Orga­ni­sa­tionen, bei denen du deine Recherche anfangen kannst, und die viele Stipendien bieten: AFS, YFU , Expe­riment e.V..

Hier findest du eine Liste von Programm­ländern in Ost- und Mittel­europa, dem Kaukasus und der Türkei. Neben Erfah­rungs­be­richten sind dort Sonder­sti­pendien für die bestimmten Länder verlinkt. Neben den spezi­ellen Stipendien für diese Länder gibt es viele weitere Stipendien, auf die du dich bewerben kannst.

Daneben hast du die Möglichkeit, BAföG für dein Austauschjahr zu bean­tragen. Für Gymna­si­asten oder andere Schüler, die nach ihrem Aufenthalt die Schule weiter besuchen werden, ist dies möglich. Auch Real- und Mittel­schüler können BAföG bean­tragen, wenn eine Anmeldung für eine weiter­füh­rende Schule vorhanden ist. Das kann aller­dings etwas kompli­zierter werden.

Wenn du in Hamburg die Schule besuchst, kannst du eine finan­zielle Förderung durch die Hamburger Schul­be­hörde bean­tragen. Die Förderung richtet sich nach der finan­zi­ellen Bedürf­tigkeit deiner Familie. Außerdem sind weitere Voraus­set­zungen an die Schule nötig. Weitere Infor­ma­tionen hier.

Vorstellung einiger Stipendien

In diesem Absatz werde ich einige Stipendien vorstellen, die einen relativ hohen Teil der Programm­kosten abdecken.

Das Parla­men­ta­rische Paten­schafts­pro­gramm (PPP) ist sehr beliebt. Jedes Jahr wird Schülern und jungen Berufs­tä­tigen durch ein Voll­sti­pendium ein einjäh­riger Aufenthalt in der USA ermög­licht. Das PPP wird von verschie­denen Orga­ni­sa­tionen durch­ge­führt. Je nachdem, in welchem Wahl­kreis du lebst, ist eine der fünf verschie­denen Orga­ni­sa­tionen zuständig. (Welche das ist, erfährst du hier.) Auch Real- und Haupt­schüler können sich laut der Website bewerben. Das PPP richtet sich nicht nach der finan­zi­ellen Bedürf­tigkeit der Familien.

Das PPP ist sicher eine tolle Möglichkeit, in die USA zu gehen. Jedoch ist die Konkurrenz sehr hoch und die Chance eines der begehrten Stipendien zu erhalten, damit gering.

Weitere Voll­sti­pendien bietet der DFH, der Deutsche Fach­verband High School e.V.. Die Mitglieder sind kommer­zielle Schü­ler­aus­tausch­or­ga­ni­sa­tionen. Link: https://dfh.org/dfh-stipendien/das-stipendienprogramm-des-dfh/

YFU vergibt jährlich 5 Voll­sti­pendien an Schüler, die nach Ost‑, Mittel­europa, in die Türkei oder nach Aser­bai­dschan gehen. 

Für Jugend­liche aus Bayern kommt zudem das Stipen­di­en­pro­gramm Botschafter Bayerns des Baye­ri­schen Staats­mi­nis­te­riums für Unter­richt und Kultus infrage. Eine breite Länder­auswahl aus vier Konti­nenten steht hier zur Verfügung. Für Jugend­liche, die sich den Aufenthalt selbst finan­zieren möchten, sind die mittel‑, süd‑, und osteu­ro­päi­schen Länder inter­essant. Hier beträgt der Eigenteil (Stand: Mai 2017) nur 1000€. Wer seit langem ein Musik­in­strument spielt oder singt, kann sich zudem auf das Musik­pro­gramm in Tsche­chien oder Ungarn bewerben. Auch hier ist der Eigen­anteil mit 1400€ im Vergleich zu den normalen Programm­kosten gering. Auch Schüler, die mit dem mitt­leren Schul­ab­schluss abschließen, können sich unter bestimmten Voraus­set­zungen bewerben.

AFS bietet zwar kaum Voll­sti­pendien, aber für junge Menschen mit kleinem Geld­beutel könnte auch hier Ost- und Mittel­europa infrage kommen. Das Mittel­ost­europa-Sprach­sti­pendium der Dieter Schwarz Stiftung gGmbH vergibt Stipendien für Aufent­halte in Kroatien, Lettland, Polen, Slowenien, Slowakei, Tsche­chien und Ungarn. In der Vergan­genheit wurden auch weitere osteu­ro­päische Länder schon gefördert.

Schüler nicht-gymna­sialer Schul­formen können sich auch auf ein Stipendium der Kreuz­berger Kinder­stiftung bewerben. Die Förderung kann auch hier mit bis zu 80% des Programm­preises hoch ausfallen. Die Kreuz­berger Kinder­stiftung koope­riert sowohl mit AFS, als auch mit YFU.

Die Mitglieds­or­ga­ni­sa­tionen des AJA (Arbeits­kreis gemein­nüt­ziger Jugend­aus­tausch­or­ga­ni­sa­tionen) vergeben Stipendien in Höhe von 50% des Programm­preises. Hierfür ist neben finan­zi­eller Bedürf­tigkeit soziales Enga­gement erforderlich.

Dies ist nur eine kleine Auswahl der vielen Stipen­di­en­mög­lich­keiten. Auch für andere Länder gibt es spezielle Stipendien, etwa für Brasilien. Ich habe hier nur Stipendien aufge­nommen, durch die eine Selbst­be­tei­ligung von unter 2500€ möglich ist. (Abhängig auch davon, wie deine Familie finan­ziell da steht.)

Eine weitere Möglichkeit ist, dass du dich auf das Voltaire Programm bewirbst. Du verbringst sechs Monate in Frank­reich bei der Familie deines Austausch­partners. Danach kommt dein Austausch­partner für sechs Monate in deine Familie. Da das Programm nicht über eine Austausch­or­ga­ni­sation läuft, und auf Gegen­sei­tigkeit beruht, ist es sehr günstig. Du kannst außerdem einen Zuschuss beim Deutsch-Fran­zö­si­schen Jugendwerk bean­tragen. Mehr Infor­ma­tionen findest du hier  und hier.

Los geht‘s

Es dauert viel­leicht, sich die ganzen Stipendien, Programm­preise und Länder anzu­sehen. Später die ganzen Bewer­bungen und Anträge zu schreiben. Aber es lohnt sich. Schließlich willst du ca. 10 oder 11 Monate dort verbringen. Das sind zwischen 7300 und 8030 Stunden. Dazu kommt noch die Vorbe­reitung und die Vorfreude. Außerdem hat dein Austauschjahr wahr­scheinlich auch lange später noch einen Einfluss auf dein Leben.

Da wirken mehrere Tage Recherche gar nicht mehr so viel, was?

Also mach dich auf, finde eine Möglichkeit, ins Ausland zu gehen.

Du hast selbst Erfah­rungen mit der Finan­zierung von Schü­ler­aus­tausch­jahren gemacht? Du hast Tipps für andere? Teile sie mit uns und schreib ein Kommentar!

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